Betreutes Wohnen in Guntersblum: Guntersblum trennt sich von Partner für „Betreutes Wohnen“

Der Hauptausschuss gibt dem Köngernheimer Projektentwickler einstimmig den Laufpass. Bleibt die Frage: Wie geht es weiter? Hier herrscht noch großer Gesprächsbedarf. Foto: VG-Amtsblatt
Bericht von Ulrich Gerecke
GUNTERSBLUM – In Anlehnung an Monopoly würde man wohl sagen: „Gehen Sie zurück auf Los! Ziehen Sie nicht 4000 Mark ein!“ In Guntersblum wird bei der Dauer-Gretchenfrage, wie es mit altengerechtem Wohnen in der Ortsgemeinde weitergeht, alles auf Anfang zurückgedreht. Der Hauptausschuss hat sich einstimmig dafür ausgesprochen, die Verhandlungen mit dem Köngernheimer Projektentwickler AIVG & LVVG mbH über einen städtebaulichen Vertrag für ein Betreutes Wohnprojekt abzubrechen.


Dass der Ortsgemeinderat diesem Votum am 25. Oktober folgt, darf als sicher angenommen werden. Zu groß ist offensichtlich der Unmut über den bisherigen Verhandlungsverlauf, auch wenn sich die Ausschussmitglieder mit offener Kritik zurückhielten. „Es gab ein paar Punkte, die wir nicht mittragen konnten“, sagte Ortsbürgermeisterin Claudia Bläsius-Wirth (CDU). Konkret wollte AIVG die vorgesehene Fläche im Neubaugebiet Algersweg West der Kommune erst abkaufen, wenn ein Viertel der Wohnungen veräußert sind. Das passte den Guntersblumer Gremien ebenso wenig wie die Tatsache, dass AIVG immer noch keinen Versorgungsvertrag mit dem Deutschen Roten Kreuz abgeschlossen hatte.
Ob das „Daumen runter“ von Ausschuss und Rat juristische Folgen hat, bleibt abzuwarten. Zur Erinnerung: Am 14. Dezember steht die Ortsgemeinde mit dem Entwickler KTB vor Gericht. Dieser hatte – lange bevor Guntersblum mit AIVG verhandelte – Gespräche mit der Ortsgemeinde geführt, beruft sich auf angebliche konkrete Zusagen und fordert 103 000 Euro Schadenersatz. Bläsius-Wirth hingegen sagt, solche Zusagen habe es nie gegeben.

IM AUSSCHUSS NOTIERT

Am Mittwoch, 10. Oktober, findet ab 19 Uhr im Rathaus Guntersblum ein weiteres Gespräch zum Polder statt. Auch Nachbarkommunen, Bürger und Vereine sind eingeladen. Reges Interesse gibt es nach wie vor am Gewerbegebiet Ost. Neben der geplanten Tankstelle will der Wasserversorger wvr ein Generatorhäuschen bauen. Interesse an Grundstücken bekundet haben zudem ein Spediteur, ein Autosachverständiger, ein Container-Verleih, ein lebensmittelverarbeitender Betrieb und ein Pferde-Therapie-Zentrum.

Dass das Thema nach wie vor Zündstoff birgt, zeigte sich indes bei der Diskussion darum, wie es weitergeht. Bekannt ist, dass Bläsius-Wirth ein reines Betreutes Wohnen favorisiert. „Unsere Interessenliste dafür wird stets länger“, sagte sie im Ausschuss. Jetzt stünden dort schon 30 Namen drauf. Die SPD pocht hingegen auf Pflegeplätze und entsprechenden Service.
Bläsius-Wirth hat angeregt, beim Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz (ism GmbH) eine Studie in Auftrag zu geben, um den Bedarf für altengerechtes Wohnen im Ort zu ermitteln. 6580 Euro würde das kosten, 5000 Euro könnten als Zuschuss vom Kreis fließen, den Rest müsste die finanziell klamme Kommune zahlen – wenn die Kommunalaufsicht ihren Haushalt 2019 durchwinkt.
Über den Sinn dieser Studie gingen die Meinungen auseinander. „Das ist doch nur Show, was soll uns das an Erkenntnisgewinn bringen?“, fragte Walter Reineck (FWG). „Am Ende haben wir einen Haufen Vorschläge, aber kein Geld, diese umzusetzen.“
Von einer „prinzipiell guten Lösung nach langwierigen Diskussionen“ sprach hingegen Walter Schlotte (CDU). Bläsius-Wirth erhofft sich von der Studie ein Gesamtbild für Guntersblum, das über das geplante Projekt am Algersweg West hinausgeht und zum Beispiel auch die Zukunft des Schultheiß-Hauses einschließt. „Wir haben es bisher nicht geschafft, einen Plan zu machen, wir brauchen Hilfe von außen, und das kostet Geld. Das sollte es uns wert sein.“ Im Übrigen könne nur ein Planungsprozess mit einem Partner wie ism die nötige Bürgerbeteiligung sicherstellen.
Am Ende empfahl der Ausschuss nur ganz knapp mit 3:2 bei drei Enthaltungen die Studie. Da dürfte es bis zur nächsten Ratssitzung wohl noch viel Redebedarf geben.

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